Rhetorik: Die Spirale des Zweifels durchbrechen

Montag, 14. Oktober 2019

Jeder von uns kennt sie: Situationen oder bestimmte Personen, die uns verunsichern. Wir geraten so sehr in Ehrfurcht, dass unser kreatives Denken blockiert und unsere Eloquenz gehemmt ist. Oft sind wir nicht mehr imstande, das zu artikulieren, was uns am Herzen liegt, oder wovon wir überzeugt sind.

Erst verunsichert, dann frustriert

Einmal ist es der übermächtige, arrogant wirkende Chef, der zur Verunsicherung beiträgt. Beim nächsten Mal ist es der selbstbewusst auftretende, allseits beliebte, lustige Kollege, der uns mundtot werden lässt.

Meetings und größere Runden werden schnell zu Stresssituationen. Dort ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass mehrere der soeben definierten Charaktere anwesend sind. Eines haben alle, die von „Status-Denken“ geprägt sind, gemeinsam: Sie bekommen entweder gar nichts mehr oder nur wenig Sinnvolles aus sich heraus. Sie ertappen sich häufig dabei, ihrem vermeintlich stärkeren Gegenüber zuzustimmen. In größerer Runde neigen sie dazu, zu schweigen und zuzuhören und ihre eigene Meinung und ihr Bedürfnis, sich mitzuteilen, zu unterdrücken. Doch dieses permanente „Ich nehme mich zurück, ich unterdrücke das, was ich bin und was ich sagen möchte“, führt auf Dauer zu großer Frustration.

Die Wurzel des Übels

Woher kommt diese Verunsicherung? Die Triggerpunkte führen uns oft zurück in die Schulzeit. Wer erinnert sich nicht: Es gab Unterricht, in dem sind wir aufgeblüht, wollten aktiv mitgestalten und lernen. Und es gab Stunden, in denen wir verschreckt und still dagesessen sind, aus Angst, etwas Falsches zu sagen, oder weil wir das Gefühl hatten, für dumm gehalten zu werden, obwohl wir eigentlich etwas zu sagen gehabt hätten.

Es waren jedoch nicht nur die strengen und überlegen erscheinenden Lehrer, die uns verunsichert haben. Gewisse Mitschüler hatten eine ähnliche Macht über uns. Oft waren es die besonders beliebten, sozial bessergestellten, attraktiven, sportlichen Klassenkollegen, die in uns das Gefühl von Unsicherheit und Unzulänglichkeit erweckt haben. Sei es durch Worte, Taten oder abschätzende Blicke.

Begegnen wir im Hier und Jetzt autoritären oder aufgrund von Alter oder Status höhergestellten Personen, die uns früher haben spüren lassen, dass wir nicht genügen, verfallen wir automatisch zurück ins alte Muster: Wir nehmen uns zurück. Wir unterdrücken es, wir selbst zu sein und spüren das am eindrucksvollsten an unserer Kommunikation. Wir hören auf, uns mitzuteilen. Wir verfallen in rhetorische Ohnmacht.

Muster erkennen und lösen

Um Altlasten abzulegen und Verhalten zu durchbrechen, sind drei wesentliche Schritte Voraussetzung:

Erstens: Erkennen. In welchen Situationen und unter Anwesenheit welcher spezifischer Personen verfallen wir in Unsicherheit? Durch dieses Bewusstwerden können wir daran arbeiten, unseren Mitmenschen gelassener gegenüberzutreten.

Zweitens: Reflektieren. Um Statusdenken zu durchbrechen, bedarf es einiges an Reflexion, Training und Geduld. Den eigenen Status zu heben und Augenhöhe herstellen setzt das Beschäftigen mit der eigenen Geschichte voraus.

Drittens: Anfangen. Festgefahrene Muster ändern sich nicht von heute auf morgen. Oft ist es ein Erlebnis, das uns die Schwelle überschreiten lässt: „Jetzt reicht es mir!“ Nutze diesen Drive und starte, daran zu arbeiten.

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Diesen Blogbeitrag hat Filip Lalic für SEKUNDE EINS verfasst. Mehr über seine Geschichte und Persönliches zum Thema Status-Denken gibt es exklusiv in den nächsten Rhetorik-News: Jetzt gleich anmelden.